NORDMENDE Super Carmen 3D von 1957
- Wartung -

Der UKW-Super "Carmen" ist ein Mittelklassemodell aus dem Rundfunkprogramm 1957 des Herstellers Nordmende mit folgenden Daten:

Schaltungsprinzip ........ Röhren-Superhet mit ZF 460 kHz/10,7 MHz
Hersteller......................... Norddeutsche Mende-Werke GmbH, "Nordmende", Bremen
Herstelljahr ................. 1957 Seriennummer: 124948
Anzahl Kreise ................ 8 Kreis(e) AM 11 Kreis(e) FM
Wellenbereiche ............ Lang-, Mittel-, Kurzwelle und UKW
Ausstattung ................... KW-Lupe, eingebauter Dipol, zuschaltbare Ferrit-Peilantenne, Bass-und Höhenregler, 5-fach-Klangregister, Abstimmanzeige (magisches Auge), Anschlüsse für Zusatzlautsprecher, Plattenspieler und Tonbandgerät
Spannungsversorgung . Wechselstrom 110 - 125 - 150 - 220 - 240 Volt
Lautsprecher ................. 3 Lautsprecher ("3D-Raumstrahlersystem"): 1 Breitbandlautsprecher, 2 Hochton-Lautsprecher
Leistungsaufnahme .... ca 60 W
Abmessungen (BxHxT) . 605 x 380 x 270 mm
damaliger Preis ............ 348,-DM
Röhren .......................... ECC85 ECH81 EF85 EABC80 EM34 EL84

Gehäuse

Im Gehäusebau war man wie die meisten Hersteller dieser Zeit bemüht, Technik in ein wohnliches Kleid zu hüllen und dem Stil des gutbürgerlichen Wohnzimmers anzugleichen. Nußbaumfarbene Beiztöne auf Hartholzfurnier (oft nur fladrig gemessertes Buchenfurnier) und helle Naturtöne (Ahorn, Birke) geben in den Einrichtungen der 50er den Ton an. Messingfarbene Abzente werden durch Zierleisten und Beschläge gesetzt. Diese Materialkombination finden wir an den Radiogehäusen dieser Zeit wieder. Cremefarbene Töne für die Vorhangstoffe harmonieren mit hell gehaltenen Schallwänden und elfenbeinfarbenen Kunststoffen für die Bedienungselemente des Radios. All das finden wir auch bei der Carmen von Nordmende.

Frontansicht
Das Gehäuse ist völlig unbeschadet und der Lack ist intakt. Der gute mechanische Zustand verdankt sich einer schonenden Nutzung und sachgerechten Lagerung.

Chassis

Völlig im Originalzustand und komplett. Der Klaviertastensatz und das Klangregister sind mechanisch intakt. Umschaltung der Seilzüge AM/FM in Ordnung. Sendersuche und alle Regler in Ordnung. Peilantenne kann bewegt werden. Die eingebaute Feinsicherung erwies sich als defekt. Im Inneren ist statt der EM34 eine EM35 eingesteckt, die aber weitestgehend identisch ist. Nur wenig verstaubt. Die Kontakte der Umschalttasten sind nur wenig oxydiert. Kein Rost. Die Netzzuleitung ist flexibel und rißfrei, allerdings wurde am Originalstecker geschnitzt, um ihn in eine Schukodose einstecken zu können. Wegen der alten Papierkondensatoren wurde das Gerät zunächst nicht eingeschaltet.

Zur Revision muss das Chassis ausgebaut werden. Dazu nur die 4 Chassis-Schrauben an der Unterseite und die Verschraubung der Abschirmplatte mit dem Massekabel lösen. Die Zuleitungen zu den Lautsprechern müssen abgelötet werden, da ein Stecker wie bei SABA üblich fehlt. Lötarbeiten stehen vor allen an der Chassisunterseite an.

Unterseite des Chassis nach Austausch unzuverlässiger Kondensatoren.

An den Röhrenfassungen geht es eng zu. Dennoch dürfen beim Austausch von Teilen Lage, Länge der Zuleitungen und Massepunkte nicht geändert werden. Das Foto zeigt die korrekte Lage der Bauteile nach dem Teileaustausch, die Altteile liegen in Reih und Glied unten. Vorsicht bei Arbeiten an den Kontakten des Tastenblocks. Diese brechen leicht. Bei der Fertigung wurden die Anschlüsse vor dem Löten durch die Lötösen geführt und umgebogen. Daher nicht an den Teilen ziehen, besser vorher abknipsen. Den Austausch Teil für Teil durchführen, damit sich keine Kontaktierungsfehler einschleichen.

1. Schaltungsdesign

In der NF-Verstärkung mit Vorverstärker-Triode in EABC80 und Endröhre EL84 wird eine aufwendige Klangfilterung vorgenommen, die beim Lautstärkeregler mit der Ohrkurvenanpassung ihren Anfang nimmt (Bassanhebung und Verschiebung des Pegelminimums in den Bereich der größten Hörempfindlichkeit (3-5 kHz) bei niedriger Lautstärke, C103, C54). Die Gegenkopplung wirkt von einer sekundärseitigen Wicklung am Ausgangsübertrager über R58 auf den Verstärkereingang zurück. Die folgende von Nordmende, 1958 übernommene Übersicht verdeutlicht die Zusammenhänge.


Quelle: nach Nordmende 1958

2. Schaltplan

Originalschaltplan Teil 1 1957

Originalschaltplan Teil 2 1957

3. Röhrenplan

4. Wartung

5. Fehlerbehebung

Nach langer Standzeit ist immer mit mechanischen Problemen und Kontaktproblemen zu rechnen. Bei diesem Gerät mußten folgende Fehler behoben werden:

  • Anzeigeröhre: Das magische Auge EM35 wird beheizt, bleibt aber dunkel
Papier-Kondensatoren ersetzen

Mindestens bis Seriennummer 603/08778 wurden ERO-Papierkondensatoren umfangreich eingesetzt. Bei diesem Gerät mit höherer Seriennummer war ein Wechsel auf damals modernen MF (ähnlich Wima Tropyfol) /ERO Kondensatoren erfolgt, die sich aber ebenfalls nicht als standfest erwiesen. Die eingebauten WIMA- und Roederstein-Kondensatoren (ERO) mit Teerverguß hatten noch keine Ausfälle, zeigten aber z.T. schlechte Iso-Werte. Folgende wurden vorsorglich durch spannungsfeste Folienkondensatoren ausgetauscht:

  • C54 MF P 5nF 500V- ersetzt durch Folienkondensator 5000pF 600 V-
  • C59 ERO P 5 nF 125V/75~ ersetzt durch Folienkondensator 4,7 nF 440V~
  • C60 MF P 50nF 250V ersetzt durch WIMA FKP 0,047 μF 1000V-
  • C61 ERO P 25 nF 250V/150~, ersetzt durch Folienkondensator (PP) 25 nF 1500VDC
  • C80 MF P 5nF 125V ersetzt durch Folienkondensator (PP) 4,7 nF 440V~
  • C81 ERO P 100 nF 500V/250~, ersetzt durch Folienkondensator 100 nF 400V~
  • C82 ERO P 100 pF 500V/250~ ersetzt durch Folienkondensator 100 pF 1000V
  • C83 MF P 2nF 500V- ersetzt durch Folienkondensator (Polystyrol) 2200 pF 1000V
  • C90 MF P 5nF 500V ersetzt durch Folienkondensator (Styroflex) 5000 pF 600 V-
  • C91 MF P 500pF 500V- ersetzt durch Folienkondensator (PP) 4,7 nF 440V~
  • C95 MF P 5nF 125V ersetzt durch Folienkondensator 4,7 nF 440V~
  • C96 ERO P 10 nF 250V/150~, ersetzt durch ERO KT18xx 400V-
  • C97+R57 ERO P 10 nF 500V/250~ Sonderbauteil bestehend aus 10 MOhm-Widerstand und 10 nF-Papierkondensator 250V- mit außenliegender Abschirmfolie. Neuteile nicht mehr erhältlich, ersetzt durch Folienkondensator 10nF 1,5 kV- + 10 MOhm in Reihe, geschirmt.
  • C99 MF P 10nF 250V ersetzt durch Folienkondensator Panasonic 10 nF 600 V-
  • C102 MF P 15nF 125V ersetzt durch Folienkondensator (PP) 15 nF 1.5kV
EM34

Nach dem Austausch der altersschwachen Kondensatoren hellt sich der Leuchtschirm des magischen Auges auf. Es hat noch eine ausreichende Restleuchtkraft. Die Röhre läßt sich voll aussteuern.

Für die seltenen EM34 /35 kann durch Änderung der Beschaltung an der Fassung ein günstigerer Ersatz gefunden werden. Die russische 6E5C hat eine abweichende Sockelbeschaltung, an die die Fassung angepaßt werden muß. Heizung und Kathode sind identisch belegt. Leuchtschirm L, Steuergitter G und Anoden A sind gemäß Sockelbelegung der 6E5C mitsamt der R33/R34 umzulöten. Um der hell in kaltem Grün strahlenden Röhre mehr Lebensdauer zu spendieren, kann man die Anoden- bzw. Leuchtschirmspannung für die Röhre etwas herabsetzen (eigener Vorwiderstand). Sie hat dann immer noch genügend Leuchtkraft.

5. Abgleich

Ein Abgleich ist normalerweise nach Austausch der gelisteten Bauteile nicht notwendig. Sie sind alle nicht frequenzbestimmend. Die standfesten Keramik- bzw. Styroflex-Kondensatoren in den Filtern und Kreisen sollten unbedingt belassen werden, ein Austausch sollte nur im Fehlerfall erfolgen und macht einen Abgleich notwendig.
Sollte die Empfangsqualität zu wünschen übrig lassen oder die Sender nur schwer abzustimmen sein, kann ein Abgleich nach Herstellerangaben weiterhelfen. Von einem versuchsweisen Verstellen von Trimmern und Kernen ist jedoch dringend abzuraten. Schon die Mechanik bildet eine erste Hürde: durch den Wachsverguß sind die Kerne fixiert und das spröde Material bricht leicht. Für den erfolgreichen Abgleich ist ein tieferes Verständnis der Materie Voraussetzung. Einen Einstieg dazu bietet die ausführliche Seite Wumpus Welt der Radios.

Ein Abgleich kommt kaum ohne Meßgeräte aus. Für die vom Hersteller beschriebenen Abgleichroutinen wird zumindest ein Meßsender und ein Röhrenvoltmeter im Bereich μA mit Nullpunkt in Mittelstellung benötigt. Nordmende lieferte für den Service neben dem Schaltplan einige Unterlagen für den Abgleich aus.

Abgleichvorschrift für AM
ZF 460 kHz
Taste "M" drücken

Drehkondensator bis zum linken Anschlag (1650 kHz) herausdrehen. Durch Herausziehendes linken vorderen Knopfes Bandbreite auf "Schmal" stellen. Der Lautstärkeregler wird bis zum Anschlag aufgedreht, die Tonblende steht auf "Hell". Der Meßsender wird über künstliche Antenne (oder 200 pF und 400 Ohm in Reihe) an das Steuergitter der ECH 81 angeschlossen. Das Outputmeter wird an die Primäranschlüsse des Ausgangstransformators angeschlossen. Die ZF-Kreise II, IV und V werden verstimmt. Danach werden die ZF-Kreise I, III und VI auf Maximum abgeglichen. Zuletzt werden die Kreise II, IV und V abgeglichen. Künstliche Antenne an Antennen- und Erdbuchse anschließen und ZF-Sperrkreis VII auf Minimum abgleichen.

Mittelwelle

Drehkondensator bis zum rechten Anschlag (515 kHz) hereindrehen und Zeiger auf Endmarken justieren. Bei Eichmarke 555 kHz Oszillatorspule a und Vorkreisspule c auf Ferritstab auf Maximum abgleichen. Bei Eichmarke 1480 kHz Oszillatortrimmer b und Vorkreistrimmer d abgleichen. Abgleich wiederholen, bis keine Verbesserung erreicht wird.

Taste für Peilantenne drücken

Die Antennenbuchse wird dadurch an Masse gelegt, der Meßton muß verschwinden. Richtwirkung der Peilantemme bei einfallenden Rundfunksendern kontrollieren.

Langwelle
Taste "L" drücken

Bei Eichmarke 210 kHz Oszillatorspule f und Vorkreisspule g auf Ferritstab auf Maximum abgleichen.

Kurzwelle
Taste "K" drücken

Bei Eichmarke 6,1 MHz Oszillatorspule h und Vorkreisspule 1 abgleichen. Die Oszillatorfrequenz liegt unter der Empfangsfrequenz, der Spiegel von 6,1 MHz erscheint auf dem Meßsender also bei 5,16 MHz. Bei 9,7 MHz Vorkreistrimmer k abgleichen. Abgleich wiederholen, bis keine Verbesserung erreicht wird.

Abgleichvorschrift für UKW—HF

1. Meßsender an den Antenneneingang anschließen und Oszillatorbereich einstellen. Drehkondensator eingedreht, 86,7 MHz Punkt D auf Maximum. Drehkondensator herausgedreht, 100,5 MHz Punkt C auf Maximum. Der Abgleich soll so lange wiederholt werden, bis die Endstellung des Drehkondensators mit der jeweils angegebenen Frequenz übereinstimmt.
2. Zwischenkreisabgleich: 88 MHz Punkt 98 MHz Punkt F auf Maximum. Das HF-Teil jeweils mittels Drehkondensators auf die vorgenannten Frequenzen abstimmen. Der Abgleich muß mehrmals wiederholt werden, bis das jeweilige Maximum erreicht wird.
3. Vorkreisabgleich: 95 MHz Punkt J auf maximale Verstärkung und minimales Rauschen einstellen.
4. Kontrolle der Schwingspannung über den ganzen Bereich. Die Schwingspannung soll zwischen 2,5 und 5,0 Volt liegen.
5. Punkt H dient zur Einstellung der Neutralisation mittels Blindrohrs. Die eingestellte Kernstellung darf nicht verändert werden.
6. An Punkt E wird die Neutralisation des Oszillators eingestellt. Diese Einstellung ist maßgebend für die Oszillator-Störstrahlung, deshalb darf der Trimmer E nicht verdreht werden.

Abgleichvorschrift für UKW—ZF (10,7 MHz)

1. In Oszillatorseite (rechte Seite, siehe Bild) der Abschirmhaube von Röhre 1 isolierten Metallkörper (z. B. Schaltdraht, Blechstreifen) einführen, dessen herausstehendes Ende kontaktblank ist und daran Meßsenderkabel gegen UKW-Bausteinmasse anschließen. An die Buchsen für 2. Lautsprecher (niederohmig 4 Ohm) Outputmeter über Zwischentrafo 4 Ohm : 7 kOhm anschließen.
2. Kreis 7 und 3 verstimmen.
3. Kreise mit frequenzmodulierter HF-Spannung (10,7 MHz) auf Maximum abgleichen. Reihenfolge des Abgleichs: Kreis 4, 5, 1, 2, 6, 3, 7.
4. Kreis 7 mit amplitudenmodulierter HF-Spannung (10,7 MHz) auf Minimum fein nachstimmen. Dabei beachten, daß Elkospannung des Ratiodetektors 2 V bleibt. Meßbar mit hochohmig. Gleichspannungsvoltmeter 100 kOhm an der Serviceleiste : Ratio-Elko.
5. Meßsenderkabel in eine UKW-Antennenbuchse gegen UKW-Bausteinmasse mit frequenzmodulierter HF-Spannung (10,7 MHz) anschließen. Punkt B auf Minimum abgleichen.
(Quelle: Nordmende Werke, Bremen, 1957)

Tastensatz

Auf dem Tastenaggregat sind wie bei Nordmende üblich die Oszillator- und Vorkreise für L/M/K angebracht. Die Abgleichelemente a - i sind in der Abbildung angegeben.

Die übrigen Abgleichelemente am Antenneneingang und Tuner sowie den Bandfiltern sind von der Chassisrückseite aus zugänglich.

Zusammenbau

Beim Einbau der Skalenscheibe ist zu beachten, dass das Chassis auf ebener Unterlage steht. Außerdem alle 4 Gummizulagen zum Schutz der Scheibe wiedereinbauen.