SABA Lindau WP / WH

- Instandsetzung -

Schaltungsprinzip ............ -Röhren-Superheterodyne
Hersteller........................... SABA Villingen (Schwer und Söhne GmbH)
Herstelljahr ....................... 1951 - 52
Seriennummer ................ 336282 (nach Mai 51)
Anzahl Kreise .................... 8 Kreis(e) AM / 9 Kreise FM
Wellenbereiche ............... 750 - 2000 m (LW), 186 - 590 m (MW), 16 - 52 m (KW), UKW 87 - 100 MHz
Empfindlichkeit .............. FM 40 μV
Ausstattung ...................... Variable Bandbreite, Klangfarbenregler, 9 kHz-Sperre, Mittelwellen-Sperrkreis, Abstimmanzeige "Magischer Fächer", Flankendemodulation
Spannungsversorgung .. Wechselstrom 110, 125, 220 Volt
Leistungsaufnahme ........ ca 45 Watt
Abmessungen (BxHxT) ... 47x35x22 cm
Gewicht ...... 10 kg
damaliger Preis incl. Röhren 296,-DM (Preßstoffgehäuse)
Röhren ............................. ECH11, EF80, EM71, EBF15, ECL11, AZ41
ähnliche Typen ...............

Rundfunkjahr 1951

Der European Broadcasting Convention (Kopenhagener Wellenplan v. 15.9.1948) traten die deutschen Zonen (Gründung der Bundesrepublik Deutschland Frühjahr 1949) nicht bei und fühlten sich bei der Zuteilung "ultrakurz" behandelt. Auf den Mittelwellen sollten sich die Besatzungszonen jeweils zwei Frequenzen mit anderen Fernsendern teilen. Eine Langwellenfrequenz wurde nicht zugeteilt. Unter diesen Umständen war ein störungsfreier Mittelwellenempfang kaum mehr möglich. Ab 1950 wurde der Ausbau der Infrastruktur für den UKW-Sendebetrieb verstärkt und auch die wiedererstandene Rundfunkindustrie lieferte erste Empfänger mit UKW-Nachrüstung. Die FM-Skala reichte nur bis 100 MHz.

SABA legte in dieser Zeit die erste "Heimatserie" an Geräten mit Städte- und Landschaftsnamen auf. Mit dem Slogan "UKW-Empfang an jeder Antenne" wird 1951 auch ein Wechselstromgerät in Preßstoff- oder Holzausführung unter dem Namen "Lindau" als Einstiegsgerät in die Serie vorgestellt. Die Farbigkeit - dunkelbraun, schwarz, beige und Messinggold - entspricht durchaus noch den Vorkriegsfarben, die Zeichnung des Gehäuses setzt sich aber vom ambitionierten SABA-Design der 30er und 40er Jahre ab, und sucht einen neuen, nüchternen Stil zu finden - analog zum Möbelbau der frühen Fünfziger Jahre.

SABA Lindau WH ProspektSABA Lindau W mit Holzgehäuse aus dem noch schwarz/weiß gedruckten Prospekt zur Heimatserie aus 1951

Der Lindau ist für einen Kundenkreis gedacht, der über ein Neugerät preisgünstig den Einstieg in die neue ultrakurze Welle finden will, ohne auf die längeren Wellen zu verzichten. Auch ein magisches Auge zählte bereits zur unverzichtbaren Standardausstattung. Um dies bei einer Preisvorgabe von unter 300,- DM leisten zu können, mußten in der Technik Abstriche in der Leistung gemacht werden. Auf den zu dieser Zeit bereits eingesetzten Ratio-Detektor wurde wohl wegen der Lizenzgebühren verzichtet, ein modifizierter "Flankengleichrichter" sollte es statt dessen tun. Die Mehrzahl der Geräte hatte in diesem Jahr bereits einen UKW-Vorsatz fest ab Werk eingebaut. So ist eine integrierte UKW-Vorstufe mit nur einer Pentode enthalten.

Erste Durchsicht des Chassis - Befund

Bei dem als Teileträger angebotenen Chassis handelt sich um ein schlecht gelagertes, noch originales Fundstück ohne Gehäuse und Lautsprecher, aber mit den Original-Bedienknöpfen. Die Skala ist ganz gut erhalten. Alle Schalter und Antriebe sind frei beweglich. Der Elkobecher ist gewechselt worden, an der Unterseite des Chassis sind sonst keine Eingriffe feststellbar. Bei einer ersten Durchsicht erwiesen sich Netztrafo, Ausgangsübertrager und Potentiometer als funktionstüchtig, alle Achsen sind beweglich. Nach dem Datumsaufdruck auf einzelnen Komponenten stammt das Gerät aus dem Jahr 1951. Die Liste der sichtbaren Mängel ist nicht allzu lang: Am Drehkondensator fehlt der abnehmbare Reibradaufsatz, der Triebachse und das große Reibrad verbindet, der UKW-Antrieb funktioniert, aber die Buchsenleiste ist angeknackst und der Seilantrieb für die Skala und der Zeiger fehlen. Das schwarze zweiadrige Netzkabel und die Sicherung fehlen auch und am Netzschalter sind die Kontakte oxydiert. Die Sofitte leuchtet nicht mehr und schließlich muß die UKW-Röhre (EF80) ergänzt werden. Leider halten solche SABA-Geräte, die eine kaltfeuchte Lagerung hinter sich haben, noch eine ganze Reihe versteckter Mängel vor, die es noch zu entdecken gilt.

Bedienhinweise

Lautstärke mit kombiniertem Ein-/Aus-Schalter links (Ziehen=Einschalten), rechts kombinierter Bandbreiten-/Tonregler, rechte Seite Abstimmung und fünfstufiger Wellenschalter.

Antennen

Die SABA-Betriebsanleitung enthält Angaben zu den empfohlenen Antennen für die unterstützten 4 Wellenbereiche.

SABA Lindau W Bedienung

Abb. 2 Bedienungselemente Rückseite

Senderabstimmung

Die Abstimmung ist mechanisch aufwendig als Schwungradantrieb mit Untersetzung von Reibrad auf Winkelhebel umgesetzt. Die Endstellungen lassen sich einstellen. Diese Drehko-Konstruktion ist bereits Ende der 30er Jahre entwickelt und unverändert übernommen worden. Sie findet sich auch in den anderen Typen dieser Gerätegeneration wieder und bildet die Basis für die Einknopf-Abstimmung von AM und FM ohne Umschaltung. Nachteil: Sender müssen nach Umschaltung auf anderen Wellenbereich neu eingestellt werden. Die neu eingeführte FM-Skala ist lediglich linear von 0 ... 100 aufgeteilt.

Chassis

Dieses Chassis aus 1951 hat noch Vieles von einem Vorkriegsmodell. In den Funktionsgruppen für AM bzw. in ZF- und Audioverstärker sind noch E-Röhren eingesetzt, Netzteil und Drehko sind übernommen, nur die Gleichrichterröhre ist nicht mehr aus der A-Serie. Auch fallen die aus den Vorkriegstypen bekannten Blechteile auf. Anscheinend verfügte SABA auch nach der Werkszerstörung noch über die entsprechenden Stanzen für die Blechbearbeitung.

Die Integration einer 2. ZF für FM machte eine Neukonstruktion der ZF-Filter notwendig, die deutlich kleiner und schmaler ausgefallen sind als die Vorkriegstypen. In der Entwicklung der UKW-S-Vorsatzgeräte hat SABA allerdings einen technischen Stand erreicht, der diese Filterentwicklung noch übertrifft.

Gegenüber den Vorkriegsmodellen mit ihren aufwendigen mechanischen Konstruktionen zeigt dieses SABA-Einstiegsmodell den Trend zu schlichteren und kostengünstigeren Lösungen. Die ins Filtergehäuse integrierten Schaltgruppen wurden aufgegeben, der Wellenschalter weniger hochwertig (Pertinax statt Amenit) mit Federkontaktscheiben ausgeführt. Die erste Generation von Geräten mit Tastensatz ist zu dieser Zeit aber bereits in der Entwicklung und wird einen durchschlagenden Markterfolg haben. Die aufwendige AM-Bandbreitenregelung wurde weggelassen.
Der große dynamische Lautsprecher mit Permanentmagnet ersetzt die gewichtigen Ausführungen mit Feldspulen und läßt um 100 Volt niedrigere Sekundärspannungen zu. Leider fehlt auch die servicefreundliche Steckverbindung für den Lautsprecher. Insgesamt erbrachten diese konstruktiven Neuerungen einen verringerten Materialeinsatz, was sich in einer Gewichtsreduktion von ca. 40% gegenüber Vorkriegsmodellen von 1939 drastisch bemerkbar macht.

SABA Lindau WP Chassis Vorderseite

Abb. 3 Chassisvorderseite im Originalzustand

SABA Lindau WP Chassis Rueckansicht

Abb. 4 Chassisrückseite im Originalzustand

Bekannte Fehler

SABA weist in den "Besonderen Reparaturhinweisen" auf einige bekannte Mängel bei den ersten Typen der Heimat-Serie hin (neben Lindau auch W-Modelle von Schwarzwald, Bodensee und Konstanz).
Darunter gehören die in den betreffenden UKW-Vorsatzgerätetypen eingebauten keramischen 5nF-Kondensatoren (Bestnr. 1406 und 1407), die keine ausreichende Spannungsfestigkeit aufwiesen.
Mögliche Mikrofonieeffekte können nicht ausgeschlossen werden, da der Drehko nur an einer von drei Lagerstellen in Gummipuffern gelagert ist. Die beiden festen Schraubverbindungen lassen sich jedoch mit Pufferzwischenlagen aus Gummi nachträglich ausstatten (Dies scheint beim Baden-Baden W bereits werkseitig geschehen zu sein). Zusätzlich ist das Chassis und der Lautsprecher durch Gummipuffer vom Gehäuse entkoppelt.
Floating beim UKW-Oszillator konnte durch Verschmutzung des betreffenden Trimmers in der UKW-Box verursacht sein - einfache Reinigung des Rohrtrimmers sollte das beheben. Bei der offenen Box des Lindau sind diese Trimmer besonders von Verstaubung und Verschmutzung betroffen. Die 5nF-Kondensatoren sind außerdem noch geteerte Papierkondensatoren.

Revisionsarbeiten

Für die Revisionsarbeiten an der Unterseite baut man die Skala samt Lichtschirm am besten aus, damit man besseren Zugang zur Beschaltung erhält, der Lampenhalter ist leider genietet und muß weiter im Weg stehen. Zum Austausch einiger Kondensatoren muss die Anzeigeröhre entfernt werden. Beim Austausch von Teilen ist sorgfältig darauf zu achten, daß keine Kurzschlüsse an den nahe beieinander liegenden Kontakten erzeugt und keine Zuleitungen beim Löten übersehen werden. Das Drahtgebilde am Bandfilter (37/38) stellt einen abgleichbaren Kondensator dar, beide Drahtenden nicht versehentlich verstellen. Leider ist der Aufbau am Wellenschalter so gedrängt ausgeführt, dass einige Teile erst nach Freilegung zugänglich sind. Um die Übersicht über die Leitungsführung zu behalten, helfen Detailfotos.

SABA Lindau WP Chassis Unterseite

Abb. 5 Chassisunterseite vor den Revisionsarbeiten. Die FM-Antennenzuleitung wurde wohl nachträglich für einen internen Faltdipol ergänzt. Weder das WP- noch das WH-Modell hatten einen internen Faltdipol serienmäßig.

1. Ersatz von Kondensatoren

In Frage kommen alle Papier-Rollkondensatoren mit Teerverguß in Hartpapier- oder Glasröhrchen. Der Papierwickel und die Art des Anschlusses der Anschlußdrähte ist von Vorkriegstypen mit dem Aufdruck SABA kaum zu unterscheiden. Waren die mit dem SABA-Aufdruck versehenen Kondensatoren zu Vorkriegszeiten mit dem hauseigenen Code (Bestellnummer) versehen, so sind die nach dem Kriege eingebauten Teile dagegen transparent bedruckt mit Hersteller, Kapazitätswert, Spannungen, Güteklasse, Bestellnummer und Produktionsjahr. Es ist teilweise zweistellig aufgedruckt ("51"). Ob es sich dabei teilweise um Vorkriegsmaterial handelt oder auf alten Maschinen neu produziert wurde, muß offenbleiben. Allerdings ist der Zustand dieser Kondensatoren heute durchweg genauso schlecht wie bei Vorkriegsteilen. Im allgemeinen lohnt es die Mühe nicht mehr, alle durchzumessen, um wenige noch brauchbare zu retten.

In der folgenden Aufstellung sind die Teile aufgeführt, die in der Revision des Chassis überarbeitet, ausgetauscht oder ergänzt werden mußten. Die SABA-Bestellnummer mit Bezeichnung und Wertangaben und die Austauschteile sind aufgeführt.

Bestnum. Bezeichnung KomponenteWert / EinheitErsatz
840-248 Potentiometer RUWID, 0,3+1MOhm m. 2-pol. NetzschalterSchalter gangbar gemacht
Drahtwiderstand m. Abgriff 2K 1W + 500 R 2 W,2K defekt, d. 2,2 K 4 W ersetzt
1404-7 Papierkondensator 2 x 5 nF, 500V~ Kl. Sentfernt
1407-7 SABA Papierkondensator 5 nF, 350V- Kl. S 20% Anschlüsse einseitigersetzt durch 4,7nF, Rosenthal, keramisch
1403-6 SAF Papierkondensator 5 nF, 250V~ "b", Kl. S 20% (5.51)ersetzt durch 4,7nF
1403-6 SAF Papierkondensator 5 nF, 250V~ "b", Kl. S 20% (5.51)ersetzt durch 4,7nF
NSF Papierkondensator 0,025 uF, 250V= Austauschteil, abw. Wertangabe, ersetzt durch 4,7nF
1402-8 Papierkondensator 0,01 uF, 500V- (1951)defekt, ersetzt
1402-8 Papierkondensator SABA 0,01 μF, 500V- (1951)defekt, ersetzt
1401-11 Papierkondensator SABA 100 nF 500V-defekt, ersetzt 104 J 630V-
1401-10 Papierkondensator SABA 50 nF 500V- Kl. 3defekt, ersetzt durch 503 J 1.5kV-
1402-10 Papierkondensator SABA 50 nF 500V- 20% Kl. 3defekt, ersetzt
1402-10 Papierkondensator SABA 50 nF 20% 3defekt, ersetzt
1402-10 Papierkondensator SABA 1 nF 20% 3defekt, ersetzt
1404-4 Papierkondensator SABA (51) 3 nF 5% 500V~ defekt, ersetzt durch 2,5 nF, 1.5 kV, 5%
1410-133 Folienkondensator Kf*** SABA (51) 2500 pF 5% 50V- defekt, ersetzt durch 2,5 nF, 1.5 kV, 5%
1402-9 Papierkondensator SABA 0,025 nF 500V- defekt, ersetzt
1410-143 Papierkondensator SABA (51) 5000 pF 500V- defekt, ersetzt
452/7 Frako Elyt-Kondensator 25 μF, 14V- defekt, ersetzt 27 μF, 35V-
980-164 Siemens Elyt-Kondensator 8 μF, 380 V- (1951)defekt, ersetzt 10 uF 400V-, 105°
WEGO* Elyt-Doppelkondensator (Austauschteil) 50+50 μF, 500 V- defekt, 2 x 50 μF, 500 V- Vishay, 105° in den Becher eingesetzt, oxydierten Kontaktring gereinigt
563/37 Sicherung 0,5 A ergänzt
580/111 Skalenlampe **6,3V~, 300 mASoffitte defekt, durch Kugellampe mit Vorwiderstand ersetzt
910 U 60 Zeiger mit Filzring ergänzt
910-686 Drahtseil für Skala ergänzt
390/257 Zugfeder Zeiger ergänzt
910 U 63 Netzschnur, 2-pol. ergänzt
EF80 ergänzt
EM71 (Lorenz) ersetzt

*WEGO Elektrolytkondensatoren Mosbach ist kein SABA Erstausrüster. Es handelt sich um ein nach 1975 eingebautes Ersatzteil. Beim Ersatz des Elkobechers ist auf dessen Bauhöhe zu achten, ansonsten kollidiert das Chassis beim Einbau mit der Unterkante des Lautsprecherkorbes.
** Ersatz für die Originalsoffitten läßt sich nur aus Raubbau gewinnen. Stattdessen kann man 6V/300 mA Kugelbirnchen mit Vorwiderstand an der Fassung anbringen. Durch die Skala betrachtet ist kein Unterschied festzustellen.
***Kf = Kunststoff-Folie

2. Röhren

Gemischter Satz Stahl- (ECH11, EBF15, ab 1950), Rimlock- (EZ41), Noval- (EF80) und Loktal-8-Röhren (Anzeigeröhre EM71)
Für die fehlende EF80 wurde eine fast neuwertige Telefunkenröhre eingesetzt. Die Anzeigeröhre hatte ihre Leuchtfähigkeit komplett eingebüßt und wurde durch eine mit halber Leuchtkraft ersetzt. Die beiden Stahlröhren und die Endröhre erwiesen sich als funktionsfähig. Die ECL hatte in TA-Stellung volle Leistung, wirkte aber in den Wellenbereichen insgesamt etwas gebremst. Ob die EBF15 noch volle Verstärkung bringt, muß untersucht werden.

3. Schaltung

Für dieses Gerät gilt der entsprechende Schaltplan 910-900 mit Entwicklungsschluß 16.8.1951.

SABA Lindau WP schematics

Abb. 6 Original-Schaltplan SABA Lindau WP 910-900

Die Anodenwicklung des Trafos ist ohne Mittelanzapfung. Deswegen werden die Anoden der Gleichrichterröhre zu einer Einweg-Gleichrichterschaltung zusammengeführt. Die negative Gittervorspannung wird über einen Spannungsteiler zwischen Kathode und Masse erzeugt. Aus diesem Grund liegen die Kathoden der Röhren direkt an Masse. Schirmgitterspannungen werden aus Vorwiderständen abgeleitet.
Am Antenneneingang für AM brückt ein 100 kOhm nach Masse, der nicht im Schaltplan enthalten, aber original ist, er wurde belassen, da er sich nicht nachteilig bei den heutigen Empfangsverhältnissen auswirkt. Ersetzt wurden die beiden Papierkondensatoren 5 nF im HF-Eingang mit hoher Wechselspannungsfestigkeit. In der UKW-Vorstufe sind 2 Papierkondensatoren 4,7 nF auszutauschen. Der eine NSF-Kondensator im Glasröhrchen hatte eine Wertangabe von 0,025 uF, gemessen aber nur noch einen Bruchteil Restkapazität. Dennoch lief der Oszillator. Ein Stückchen abgezwickter Anschlußdraht verriet, daß das Originalteil bereits früh ersetzt worden ist. Es wurden stattdessen gemäß Schaltplan zwei keramische Scheibenkondensatoren 4,7 nF aus der Zeit eingebaut.

4. UKW Signalpfad

Das 10,7 MHz-ZF-Signal steht am Ausgangsfilter an und gelangt über den Wellenschalter an die Pentode der ECH11. In Stellung UKW wirkt die Röhre nur als Verstärker und versorgt das erste ZF-Filter. Da der Vorsatz keine eigene ZF-Verstärkung hat, kommen Filter für beide ZF-Frequenzen zum Einsatz. Das 10,7 MHz-Filter kann über die Schalter S11 und S12 aktiviert werden. Die EBF15 liefert die verstärkte ZF an das Diodenfilter. Zwischen Primärkreis des 10,7 MHz-ZF-Ausgangsfilters und Sekundärkreis des Eingangsfilters ist eine kleine einstellbare Kapazität (36/37) als Mitkopplung wirksam. Details zur Einstellung finden sich in Abbildung 8 (FM-Abgleich). Bei der Arbeit in diesem Bereich ist eine versehentliche Veränderung der Lage beider Drahtenden zu vermeiden, denn dadurch kann sich die Verstärkung, Verzerrung und Schwingneigung ungewollt verändern und ein Nachgleich ist durchzuführen.

5. UKW-Vorsatz

Der Typ 903 U 60 ist werksseitig eingebaut.
Die Vorstufe arbeitet mit nur einer EF80 als UKW-Verstärker, Oszillator und additiver Mischung. Die Abstimmung erfolgt mit einem 2-fach-Variometer über die Vorkreis- und Oszillatorspulen. Zur Vermeidung einer zu hohen Störabstrahlung sind als Schutzmaßnahme in den Dipolleitungen Sperrkreise für die 10,7-MHz-ZF sowie eine Lecherleitung zur Dämpfung der Oszillatoroberwellen eingefügt. Die Abbildung zeigt, daß keine vollständige Kapselung vorhanden ist. Die Bewegung des Variometers ist hier durch Doppel-Federhebel gelöst, die keine zentriert-lineare Hub-Bewegung der Kerne ermöglichen. Am Ende des Hebels kann die Schubstange mittels Feintrieb justiert werden. Zwischen den Kernen befindet sich kein Alu-Abschirmstück. Ähnliche Bauart, aber mit 2 EF80 hat die Vorstufe des Mainau WH. Die Vorstufe verfügt über keine Amplitudenbegrenzung.



Abb. 7 SABA Lindau WP UKW Box revidiert.

6. Flankendetektor

Er arbeitet in der speziellen Gestaltung beim Lindau auf einer flacheren, aber damit auch längeren linearen Flanke der Resonanzkurve. Die Gleichrichtung erfolgt an einer der Dioden der EBF15.



Abb. 8 SABA Lindau Schaltungsdetail FM->AM-Wandlung

Den Verlust an AM-Amplitude gleicht eine spezielle ZF-Mitkopplung aus (vgl. KNOLL, 2005, RUDOLPH, 2019).

Inbetriebnahme

Spannungs- und Strommessungen wurden mit Multavi II (Bereiche 300V bzw. 6V) durchgeführt. Am Stell-Trenntrafo sind 220V~ eingestellt.

Trafo in Betrieb nehmen

Mit dem Stell-Trenntrafo wurde dem Netzteil dosiert gesteigert Spannung zugeführt. Anodenwechselspannung und Heizspannungen korrekt erzeugt. Ein Wechselstrommeßgerät kann anstelle der Sicherung eingeschleift werden. Beim langsamen Vortasten auf 220V~ liegt schließlich vor den zusammengeschalteten Gleichrichteranodenkontakten 260V~ gegen Chassismasse an. Die Heizspannung ist mit 6,3~ Volt korrekt. Mögliche Fehler durch Übergangswiderstände an Sicherungshalter, Spannungswähler und Netzschalter vorher ausschließen, ggf. Oxydationsschichten entfernen.

NF-Stufe in Betrieb nehmen

Für den nächsten Schritt ist die Gleichrichterröhre mit Ladeelko und Siebkette angeschlossen. Der 2 K-Widerstand am Spannungsteiler erwies sich zuvor als defekt, obwohl keine äußerlichen Überlastungszeichen erkennbar sind. Er wurde an einer Seite abgetrennt und durch einen Widerstand 2,2 K 4 Watt ersetzt. Der Trafo wurde nun erneut hochgefahren. Bei 220V~ erreichte die Anodenspannung nach der Siebkette nur magere 140 V- bei starkem Netzbrumm aus dem Lautsprecher. Die Gleichrichterröhre war in Ordnung, die Stromaufnahme normal. Der Becher des Doppelelkos 50+50 uF saß recht locker, ließ sich mit der Hand hin-und herbewegen. Das Elko-Minus hat über den Bördelrand des Bechers mit einem Eisenring Kontakt, dieser hat aber Oxyd gebildet. Der Elkobecher wurde ausgeräumt und neu befüllt, die Oxyde am Kontaktring auf das blanke Metall weggebürstet. Diese Stelle ist bei feucht gelagerten Geräten oft die Ursache für "unerklärlichen" Restbrumm. Nach erneutem Hochfahren der Netzspannung war der Netzbrumm nahezu vollständig verschwunden (Mit dem Ohr am Lautsprecher hört man etwas).

Nachdem das Netzteil seinen Test bestanden hat, kann man als nächstes überprüfen, ob die Nf-Stufe funktionstüchtig ist. Wellenschalter steht auf TA, Klangregler auf voll (Anschlag im Uhrzeigersinn), Lautstärke zunächst nahe am Linksanschlag. Vorher prüfen, ob alle Austauschteile korrekt verschaltet wurden, Spannungen mit den Angaben im Schaltplan vergleichen. Bei diesem Gerät gab es unbedeutende Abweichungen: Siebelko Schirmgitter bzw. Anodenleitung z. EBF15/EF80: 195V-, (-2%), C-Anode 75 V (+6%), L-Anode 230V, (-3%), neg. Gittervorspannung -5,0V. Stimmen die Spannungen und läßt sich am Gitter der Endröhre keine positive Gleichspannung messen, kann man zum nächsten Schritt übergehen: "Prüfsummer" an Masse anschließen und die Phonobuchse antippen: Ein 1-kHz-Ton sollte sauber hörbar sein. Die Wirkung von Lautstärke und Klangregelung prüfen. Ein einfacher "Brummtest" geht auch mit dem Finger am Phonoeingang. Die Endstufe arbeitet. Ausgetauscht wurden hier nur die Elkos und die Stützkondensatoren an Anoden- und Schirmgitterleitungen.

Hochfrequenzstufen in Betrieb nehmen

AM-Empfang

Für den nächsten Schritt ist das Chassis komplett bestückt und mit Wurfantenne und Erdleitung verbunden. Ein erster Test wurde mit dem Prüfsummer und dem Originalröhrensatz durchgeführt.
Prüfsummerspitze am Antenneneingang anlegen und mit dem Wellenschalter und dem Abstimmknopf das Gerät in den AM-Bereichen durchstimmen und dabei prüfen, ob der 1 kHz-Ton hörbar ist. Oxydschichten am Antenneneingang sind durch Kratzgeräusche hörbar, Buchse vorher innen blankreiben! Auf Langwelle ist das Rechtecksignal sehr laut und unverfälscht über den kompletten Abstimmbereich hörbar, bei der Mittelwelle nimmt die Lautstärke gegen das obere Bandende etwas ab und bei der Kurzwelle ist der Lautstärkeabfall stärker wahrnehmbar. Mit dem einfachen Prüfgerät gelingt der Nachweis, dass alle AM-Stufen grundsätzlich in Ordnung sind, innerhalb weniger Minuten.

FM-Empfang

Mit einer nachgewiesen guten EF80 bestücken und auf UK umschalten, Dipol anschließen, mindestens ein Rauschen sollte sofort hörbar sein. Band komplett durchstimmen und Empfangsstellen suchen. Wenn es nur rauscht, kann man prüfen, ob der UKW-Oszillator grundsätzlich funktioniert: auf das untere UKW-Bandende einstellen und ein UKW-Taschenradio direkt neben die UKW Vorstufe stellen. Am Taschenradio bei ca 98 MHz auf eine Empfangs- bzw. Rauschlücke einstellen. Funktioniert der Oszillator, sollte man ihn um diese Frequenz hören können. Ist dies nicht der Fall, kann man es erst mit einer anderen EF80 versuchen. Bei dem Gerät funktionierte der UKW-Vorsatz sofort, nachdem am Kontakt S10 nachgeputzt wurde. Die Anodenspannung von 160V- wird eingehalten (+3%). Es werden mehrere starke und eine große Zahl schwächerer Sender an einem Drahtdipol empfangen. Das Chassis hat eine Stegleitung, die fest an der UKW-Brücke angelötet und am Ende mit 1 MOhm abgeschlossen ist. Hier ist der Faltdipol im Gehäuse angeschlossen. Die UKW-Brücke hat 2 Buchsen für externe Dipolantenne. An der Rückseite Vorsicht beim Entstauben, denn die Spulenenden der ZF-Sperre sind leicht zu übersehen.

Empfindlichkeit FM

Leider stand kein Meßsender für 87-100 MHz zur Verfügung. Daher nur subjektiver Eindruck. Der Empfang ortsnaher Sender (Sichtweite) ist auch bei einfachem Draht als Dipol möglich. Für Fernempfang ist eine freie und möglichst hohe Aufstellung und günstige Ausrichtung des Dipols wichtig. Schwächere Sender werden nur mit einer Empfangstelle empfangen, es rauscht gut hörbar.

Abstimmung FM

Jeder stärker einfallende Sender hat zwei nebeneinander liegende Empfangsstellen, dazwischen eine schmale, leise und verzerrte Zone. Die zweite Empfangsstelle ist in Klangumfang und Transparenz ausgeprägter, der Höreindruck durchaus akzeptabel. Bei schwachen Sendern ist der Klang stärker mittenbetont, das Rauschen ist unüberhörbar. Übersprechen oder mangelhafte Trennschärfe konnte nicht festgestellt werden. Die Abstimmung mit dem magischen Auge zeigt das erwartete Bild: Das Aussteuerungsmaxium beginnt am oberen Ende der stärkeren Flanke und kulminiert am Scheitelpunkt, während der optimale Empfang sich etwas unterhalb des Scheitels auf der stärkeren Flanke einstellen läßt.
Das Klangspektrum kann durch den Sprache/Musik-Schalter und ein 3-stufiges Klangfilter beeinflußt werden. Für den heutigen Geschmack nehmen diese Filter aber zuviel Höhen weg.

Oszillator-Störstrahlung

Drei Maßnahmen sollen eine Dämpfung der Fernabstrahlung über die Antenne bewirken:
Über den Kompensationstrimmer 32 kann auf Minimum abgeglichen werden.
In der UKW-Brücke sind zwei Sperrfilter für die ZF 10,7-MHz eingebaut, die an den Punkten 10 und 13 einen Minimumabgleich ermöglichen (vgl. Abb. 9, Abgleichanleitung).
Die Dipolzuleitungen zur Koppelspule am Vorkreis sind mit einer Stichleitung (Lecher-Leitung) verdrillt, die eine Dämpfung der Oszillator-Oberwellen (bes. der 1. Harmonischen um 200 MHz) bewirken soll. Gegen die Direktabstrahlung in das Nahfeld wurden keine Maßnahmen ergriffen: Röhre und Beschaltung des Oszillators sind ohne Abschirmung.
Inwieweit diese Maßnahmen wirken, kann mit einem batteriebetriebenen UKW-Empfänger und einem DAB+-Adapter nachvollzogen werden. Für den Test wurden in einem Kellergeschoß an das Antennenflachkabel zwei freistehende Drähte von 0,75 m Länge angeschlossen. Der Testempfänger, ein TKF Bajazzo, wurde mit halb ausgezogener Teleskopantenne betrieben. Der terrestrische UKW-Empfang fällt komplett aus, wenn sich ein laufender Lindau im Nahfeld (1-2 m) befindet und beide Empfänger auf dieselbe Frequenz abgestimmt sind. Es wurde ein stark einfallender Sender eingestellt. Stimmt man den Testempfänger weiter durch, ergeben sich keine weiteren Störstellen im UKW-Band.
Vergrößert man die Entfernung, ist ab einem Abstand von 10 m eine Störung nur noch schwach wahrnehmbar (Schwächerer Empfang, mehr Rauschen). Eine Störung des DAB+-Empfangs durch Restoberwellen auf der Antenne konnte auch in kurzer Entfernung (< 1 m) nicht nachgewiesen werden. Somit ist vor allem von einem Betrieb an einer UKW-Hochantenne abzuraten. In Etagenwohnungen können sich auch über den Faltdipol u.U. Störungen in den Nachbarwohnungen bemerkbar machen. Der Faltdipol des Geräts bietet aber auch einem vergleichweise schwächeren Empfang: Ortssender (Sender in Sichtweite) kommen bei optimaler Ausrichtung kräftig und klar, ohne wahrnehmbare Verzerrungen, weiter entfernte Sendestellen sind verrauscht und nur auf einer Flanke hörbar. Somit ist der Lindau für heutige Verhältnisse nicht mehr alltagstauglich. Er ist aber ein ausgezeichnetes Demonstrationsobjekt für den Stand des UKW-Empfangs Anfang der Fünfziger Jahre.



Abb. 9 SABA Lindau WP Chassis in Betrieb.

Abgleich

In den Spulenkörpern sind 2-3 Kerne enthalten, die der SABA-Tradition entsprechend mit verschiedenen Bestecken von oben einzustellen sind. Dabei sind die oberen Hohlkerne, die es ermöglichen, zum unteren Kern zu gelangen. Alle Kerne brauchen also unterschiedliches Besteck. Besonders die Hohlkerne sind äußerst vorsichtig zu handhaben.

Die Abfolge der Abgleichschritte ist auszugsweise aus den SABA Werksunterlagen entnommen. SABA Lindau W Abgleich

Abb. 10 Abgleichelemente und -schritte (aus SABA Werksunterlagen).

Gehäuse

Zufällig wurde ein WH Leergehäuse und ein vergleichbarer Lautsprecher angeboten so daß ein komplettes Gerät zusammengestellt werden konnte.



Abb. 10 Chassis aus WP und gut erhaltenes Leergehäuse komplettiert zu einem SABA Lindau WH




Abb. 11 SABA Lindau WH komplettiertes Gehäuse

Links

KUNING, E. Die Messung der Störstrahlung an UKW-Empfängern In: Funkschau 1952, Heft 16, S. 306-312
KNOLL, H. M. Der Signalweg beim FM-Empfang in den Superhets der Röhren-Ära der Firma SABA. In: Radiomuseum.org (2015), Abb. 7
KNOLL, H. M. Fortschritte im UKW In: Radiomuseum.org (2014), Abb. 7
RICHTER, Heinz UKW FM - Ultrakurzwellen-Frequenzmodulation. Franck, München 1952
RUDOLPH, D. FM ZF-Begrenzer, in: Radiomuseum.org (2019),
SABA SABA-RADIO Heimat-Serie 1951/52, Katalog Nr. 53 Burda-Druck, September 1951
NOVAK A.: Wirkungsweise und richtige Dimensionierung eines Flankengleichrichters, in: Funkschau 1951, H.5, S.89-92
NOVAK A.: Praktische Ausführung von Flankengleichrichtern für UKW-FM-Empfänger, in: Funkschau 1951, H.36, S.395ff.
WILK N.: Lecherleitungen unterdrücken Störstrahlungen bei UKW-Superhets, in: Funkschau 1953, H. 5, S.86.
SABA Besondere Reparaturhinweise, SABA-Werke, 1951

SABA Werbefilm Schwarzwälder Wertarbeit