ARC.Lehnstuhl (2016)

Vorbilder

Seit den 40er Jahren des 18. Jh. und über das Ende des Louis Seize weitverbreiteter Typus eines allseits geschweiften Armlehnstuhls mit Rohrgeflecht und aufgelegtem Sitzpolster. Die Herstellung eines solchen Stuhls aus Vollholz war in Konstruktion und handwerklicher Ausführung außerordentlich aufwendig. ROUBO stellt noch in den 70er Jahren mit dem fauteuil en cabriolet bzw. en bureau einen Aufriß zur Konstruktion eines solchen Stuhls vor. Als typisches Salonmöbel eroberte es in den Folgejahrzehnten nicht nur die höfischen, sondern auch die bürgerlichen Kreise bis ins Biedermeier und erlebte im Historismus eine stilistische Wiederbelebung.

Im um 1840 auftauchenden Bugholzstuhl sind durch fortschrittliche Herstellungstechniken wesentliche konstruktive Vereinfachungen möglich. Lehnen und Stuhlbeine können in einem einzigen Werkstück geformt werden. Das biedermeierliche Design begünstigte den vollständigen Wegfall von Schnitzwerk. THONETs Stuhldesign des Modells Nr. B9 bzw. 6009 (Wiener Stuhl, später noch als CORBUSIER-Stuhl) reduziert den Armlehnstuhl auf die Funktion und die industrielle Machbarkeit. Die Sitzfläche mit Rohrgeflecht ist noch eine letzte verbliebene Reminiszenz an das höfische Vorbild.

Eine weitere Steigerung der Reduktion erlebte der Lehnstuhl durch das industrielle Design des Bauhauses. In der letzten Ausformung als Stahlrohrmöbel durch Marcel BREUER besteht der Armlehnstuhl nur noch aus zwei Teilen: Einem zum freischwingenden Gestell gebogenen Stahlrohr und einer angeschraubten, ergonomisch geformten Sitzschale.

Parallel zum Bugholz erlaubt auch die Schichtholztechnik (plywood, patent Isaak COLE 1874) die Herstellung hoch belastbarer, geschweifter Formen (verformtes Schichtholz, Formsperrholz) für das Stuhlgestell. Der Scandinavian Style, SAALTO, SAARINEN und EAMES nutzen die Technik der 3-D-Verformung von Schicht-Preßholz, um integrierte Sitzschalen mit anatomischer Anpassung herzustellen, die trotz fehlender oder flacher Polsterung hohen Sitzkomfort bieten.

Ausführung

Unikat eines Lehnstuhls aus naturfarbenem Buchenholz bestehend aus einem Formholzgestell und einer separaten, flachgepolsterten Sitzschale aus 2-dimensional verformtem Schichtholz. Die vorderen Stuhlbeine gehen in viertelkreisförmige Armlehnen über und sind leicht ausgestellt über ein ebenfalls geschweiftes Rückenteil miteinander verbunden, das die Rückenfläche der Sitzschale trägt. Die Vorderzarge des Gestells ist an den Verbindungsstellen geschweift und zurückspringend, wodurch die gerundete Vorderkante der Sitzfläche nicht über die vorderen Stuhlbeine hinausragt. Der Stuhl ermöglicht Arbeiten an einem Schreibtisch und entspanntes, zurückgelehntes Sitzen.

Gesamtmaße:

Höhe 88 cm - Breite 41 mm - Tiefe 49 cm - Sitzhöhe 45

Konstruktion

Formholzgestell und separate 3-D-verformte Sitzschale aus Buche, flachgepolsterte Lehne und Sitz aus schwarzem Mattleder.

Literatur

  • ROUBO, III, 2., pl. 231
  • PYNT,Jenny, HIGGS, Joy: A History of Seating, 3000 BC to 2000 AD: Function Versus Aesthetics. Amherst 2010: Cambria Press